Passt aufeinander auf

Was macht es mit Personen, wenn an ihnen im Stadion Übergriffe von verbaler, körperlicher oder psychischer Gewalt, als Form einer Grenzüberschreitung, ausgeübt werden?

Jedoch, was ist das überhaupt, gibt es in diesem Zusammenhang überhaupt sowas wie gleich wahrgenommene Grenzüberschreitungen, oder wird das in den Situationen ganz unterschiedlich bewertet?

Zuerst einmal ist es wichtig, Überschreitungen von Grenzen, also grenzüberschreitendes Verhalten, zu erkennen, denn in vielen Fällen sind diese Grenzüberschreitungen für Außenstehenden kaum wahrnehmbar, werden individuell von den Betroffenen definiert: Welche Vorfälle dazu führen, dass sich Menschen angegriffen, missachtet, diskriminiert, verletzt, herabgewürdigt oder überfordert fühlen, was häufig im Kontext von Situationen passiert, in denen Umstehende darauf nicht immer sofort aufmerksam werden. Es sind diskriminierende Äußerungen über Geschlecht, sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Herkunft, Aussehen und körperliche Fähigkeiten. Es können Äußerungen von Person zu Person sein oder Interaktionen von Gruppen, die in der Masse von Besuchern einer Veranstaltungen nicht ohne Weiteres zu registrieren sind, trotzdem aber psychisch wie auch physisch verletzte Personen mit Gefühlen von Unsicherheit und massiver Irritation zurücklassen.

Und hier ist es interessant, Zahlen bezüglich der Zunahme von Gewalterfahrungen durch häusliche Gewalt zu betrachten. Demnach wurden 2023 nach Angaben des Bundesinnenministeriums 256.276 Personen Opfer von häuslicher Gewalt. Das ist im Vergleich zu 2022 ein Anstieg von 6,5%. Bei den Opfern handelt es sich dabei zu 70 % um Frauen, bei den Tätern zu 75,6% um Männer.

Wenn es in der Gesellschaft zu einem Anstieg von Gewalt gegen Frauen kommt und man die Situation bei Festen und und sonstigen öffentlichen Veranstaltungen als eine Art Brennglas der Gesellschaft betrachtet, wäre demnach auch dort ein Anstieg zu erwarten? Ein prominentes Beispiel für so eine großformatige Veranstaltung ist das Oktoberfest. Hier gaben 2023 drei von vier Kellnerinnen an, sexuell belästigt worden zu sein. Darüber hinaus haben Frauen, gegenüber 47 im Jahr 2022, 73 Übergriffe zur Anzeige gebracht, was eine Steigerung von rund 55% ist. Auch wenn die Polizei aktiv ermutigt hat Übergriffe zur Anzeige zu bringen, muss dabei immer noch von einer großen Dunkelziffer ausgegangen werden, da die individuelle Hürde, diese Art von Übergriff zur Anzeige zu bringen, für Frauen immer noch sehr hoch ist.

Welche Art von Schutzkonzepten gegen sexualisierte Übergriffe/Gewalt gibt es, bzw. sind möglich?

Mittlerweile gibt es unterschiedliche Konzepte, welche unterschiedliche Namen tragen, aber alle das gleiche Ziel haben, Menschen in den angesprochenen Situationen nicht allein zu lassen, sie aus dem isolierenden Gefühl der Unsicherheit heraus zu holen, sie aktiv positiv zu unterstützen, sie aus der kritischen Situation zu begleiten und nach Möglichkeit an einen sicheren Ort, einem „safer Space“, zu bringen, um sie dort weiter zu betreuen. Auch der VfL arbeitet aktuell an so einem Schutzkonzept.

Da es bisher noch keine umfassenden Studien zu sexualisierter Gewalt in Stadien gibt, muss für Hinweise auf die Relevanz des Themas auf nicht repräsentative Umfragen zugegriffen werden. So auf eine Umfrage, an der 2022 rund 2.500 Menschen online teilgenommen haben. Diese ergab, dass fast jede vierte Frau mindestens einen sexuellen Übergriff im Stadion erlebt hat. Ein klares Indiz dafür, dass Schutzkonzepte nötig sind sowie ein deutlicher Hinweis auch darauf, dass über Schutzkonzepte geführte Statistiken dringend mehr Licht in die Dunkelziffer der nicht gemeldeten, nicht erfassten Übergriffe bringen sollten.

Aber auch ohne Zahlen, die über die Notwendigkeit von Konzepten eine Aussage treffen, sollten wir alle aufeinander aufpassen und helfen, wenn es nötig wird.