Alleine die Frage lässt schmunzeln, denn darauf gibt es so viele Antworten, dass es vollkommen selbstverständlich ist, dass das Wort und der Preis für Menschen wie sie erfunden zu sein scheint.
Gerhild hat Herzen erobert, wann auch immer sie das Stadion betreten hat – obwohl sie „ihre“ Bremer Brücke damals viel schöner fand. Da sind wir schon beim ersten Punkt: Wenn du keine ehrliche Antwort möchtest, dann frag sie erst gar nicht – denn Gerhild antwortet immer ehrlich und diese Aufrichtigkeit geht mitten ins Herz.
Als Frau kann ich sagen, dass Gerhild ein echtes Rolemodel ist. Politisch engagiert, motiviert, die Welt politisch und beruflich besser zu machen nach dem Krieg. Fernab jedweder Konventionen auf dem Fußballplatz – na klar. Zudem eine begeisterte Pädagogin in schwierigen Zeiten („Ist es nicht so, Melanie? Wenn man etwas mit Kindern macht, dann muss man es auch richtig machen!“), alleinerziehende Mutter.
Gerhild Gierschner erzählt gerne von ihrer Zeit als Erzieherin in einem Waisenhaus in Osnabrück. Sie war dort nicht einfach Erzieherin, sondern wenn es der Moment bedurfte, zudem auch Haushälterin oder Köchin. Über Jahrzehnte nahm sie „ihre“ Kinder mit an die Bremer Brücke- und nicht nur dorthin. Sie bestritt mit ihnen Auswärtsfahrten, z.B. nach Meppen, oder ging in den Zoo oder zum Grasbahnrennen. Immer alleine mit den Kids im Schlepptau – welche Pädagogin würde sich das heute noch zutrauen? Vielleicht würden „wir“ sogar daran denken, für die Spiele des VfL frei zu bekommen, um selber vermeintlich mehr genießen zu können. Jeder, der schon einmal mit Kindern im Stadion war, weiß wie viel Freiheit man auch selber in diesem Moment aufgibt, bei aller Freude über den gemeinsamen Moment. Dieses über Jahrzehnte zu tun, ist groß!
Hört man ihr zu, kann man gar nicht anders als daran zu denken, die Nachbarskinder einzupacken und mit an die Brücke zu nehmen. Sie inspiriert, ist Vorbild und genau so etwas wünschen wir uns für unseren „Löwenpudel der Saison“. Wir haben es genossen, sie auszuzeichnen – es lässt an Gerechtigkeit im Leben glauben, wenn eine immer um andere bemühte Frau im hohen Alter noch die Aufmerksamkeit bekommt, die ihr aufgrund ihrer Taten zusteht. Es ist uns ein Bedürfnis, mit dem Löwenpudel DANKE zu sagen, für jeden einzelnen Moment, auch Brückenmoment, den sie den Kindern in ihrer Einrichtung geschenkt hat.
Und ja, wir haben es auch genossen, in diesem männerdominanten VfL-Umfeld eine Frau auszeichnen zu dürfen.
Mit Gerhild zusammen zu sein macht Spaß. „Egal ob Regen oder Schnee“, sie hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen und immer eine Geschichte zu erzählen. Und keiner von uns kann so auf den Schiedsrichter schimpfen wie Gerhild – immer aus guten Gründen natürlich. 😉
Bild: Gerhild Gierschner, Melanie Priesnitz: An der Brücke gibt es kein schlechtes Wetter – nur schlechte Kleidung. 😉 / Foto: Melanie Priesnitz
Gerhild hat uns vor Herausforderungen gestellt – wie definieren wir den „Löwenpudel der Saison“? Brauchen wir vielleicht einen „Ehrenpudel“ fürs Lebenswerk oder so etwas? Wir haben uns dagegen entschieden, interpretieren unseren Fanpreis als „Erscheinung der Saison“ – haben aber besonders an dieser Stelle gemerkt, wie dringend wir eine Homepage brauchen, um euch, den Lesern und Leserinnen, Geschichten von all den besonderen Menschen rund um den VfL erzählen zu können. Glaubt uns: es gibt eine ganze Menge davon – selbst wenn der saisonale Fanpreis immer nur an eine Person gehen kann.
Wir wünschen uns so sehr, dass der „Löwenpudel der Saison“ auch Vorbild ist – für euch, für uns, für alle. Und ganz ehrlich: wenn ihr mal wieder morgens aus dem Bett kriecht und euch „alt“ fühlt“, denkt an diese 92-jährige Dame, die uns allen vorlebt, wie schöne Momente gehen. Und hey, ja man, diese Frau lebt lila-weiß, lebt den VfL. Genau wie wir.
Zur kompletten Laudatio: