Nicht mal der lange Pfosten kann ihn stoppen – Niklas Wiemann ist unser Löwenpudel of the Match aus dem Spiel gegen Borussia Dortmund II

Ratlos, ideenlos, mutlos und eventuell auch etwas nervös – zwanzig Minuten sind in der Partie des VfL Osnabrück gegen Borussia Dortmunds zweite Mannschaft absolviert, in der der Gastgeber vor einige Probleme gestellt wird. Dortmunds Youngster haben mithilfe ihres schnellen Umschaltspiels bereits 6 Eckstöße herausgeholt, der VfL dagegen keinen einzigen und bis auf eine gute Möglichkeit in den Anfangsminuten durch Marcus Müller auch so gut wie gar nicht den gegnerischen Strafraum erreicht. Auf den Rängen werden die VfL-Fans zunehmend unruhig. Ist das etwa ein Rückfall in die Zeiten der desaströsen Hinrunde? Droht das zarte Pflänzchen Aufschwung, das seit einigen Spielen zu gedeihen bedingt, schon wieder in der eisigen Kälte dieses Brückenabends zu verwelken? „Glück gehabt“, sagen einige Besucher auf der Nordtribüne zur Halbzeitpause, in der der VfL mit einem 0:0 mehr als gut bedient zu sein scheint. Doch offenbar macht sich auch ein Aufschwung unter den Anhängern bemerkbar, so konstatiert Bundesligareferee Frank Willenborg dem VfL eine größtenteils ordentliche Abwehrleistung und sieht Potenzial für den zweiten Durchgang, während andere Besucher auch nicht ganz unberechtigt feststellen, dass in der Hinrunde die VfL-Mannschaft wohl schon mit 2 Toren Rückstand zum Pausentee gebeten worden wäre.

In der Winterpause hat sich das Gesicht der Mannschaft grundlegend verändert, der VfL hat das Wintertransferfenster für einen Kaderumbau mit 14 Zu- und Abgängen genutzt. Doch die vielleicht aktuell größte Konstante in der Elf des VfL steht bereits seit zwei Jahren in Diensten von Lila-Weiß: 

Niklas Wiemann.

Niklas wirkte lange Zeit aus der Ferne betrachtet wie ein talentierter Nachwuchsspieler, der aber in seiner Gesamtentwicklung auf der Stelle zu treten schien. Dabei war er schon fast 24 Jahre alt und im besten Fußballeralter, als er im Januar 2023 an die Bremer Brücke wechselte. In seiner Jugend spielte der gebürtige Detmolder für Arminia Bielefeld und den FC Schalke 04, für letzteren Club sogar in der UEFA Youth League. Die Knappen erkannten sein Talent und so rückte er zwischenzeitlich in den Erstligakader der Königsblauen auf, ohne allerdings zu einem Einsatz zu kommen. Er machte einen Schritt zurück zu den zweiten Mannschaften von Werder Bremen und dem Hamburger SV, bevor er in Diensten des SV Rödinghausen in der  Regionalliga West das Interesse des VfL auf sich zog.

In der Aufstiegssaison 2022/23 schenkte ihm Tobias Schweinsteiger schnell das Vertrauen und in der Endphase der Saison entwickelte er sich zu einem wichtigen Defensivakteur, dem im Spiel gegen den SV Meppen ein wichtiger Treffer gelang und ohne den der VfL niemals das Märchen von 90+6 hätte schreiben können. Zum damaligen Zeitpunkt wirkte der 1,90 große Abwehrhüne Wiemann allerdings noch jugendlich-schlaksig und musste in der darauffolgenden Zweitligaspielzeit mächtig Lehrgeld bezahlen. Insbesondere der Auftritt in der niedersächsischen Landeshauptstadt am 6. Spieltag dürfte für Wiemann der bisherige Tiefpunkt seiner Zeit im lila-weißen Dress gewesen sein: nach nur 37 Minuten sah Niklas glatt rot, da er Hannovers Nielsen mit offener Sohle in dessen Wade getroffen hatte. Enttäuscht und hilflos musste er mit ansehen, wie der VfL die höchste Pleite in seiner Zweitligahistorie kassierte. Und auch wenn gerade jenes Spiel ein Fingerzeig dafür war, dass der VfL Osnabrück keine zweitligataugliche Mannschaft zusammengestellt hatte, so darf man inzwischen mit Fug und Recht behaupten, dass unser Löwenpudel zu einem Gewinner der Zweitligasaison wurde, in der ansonsten nicht allzu viel gewonnen wurde – lassen wir mal die Spiele gegen den HSV, in denen der VfL als Favorit zwei Pflichtsiege einfuhr, außen vor. Im Haifischbecken Bundesligaunterhaus lernte Niklas Wiemann sich freizuschwimmen, legte körperlich-athletisch zu und wurde zu einem Spieler, der sich von nun an das Ziel gesetzt hatte, aus einer sportlich aussichtslosen Situation das Beste zu machen und vor allen Dingen zu lernen. Er wurde zu einem Gewinner dieser Saison, der auch nach dem Abstieg dem VfL die Treue hielt und  sah sich mit Beginn dieser Drittligaspielzeit mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Unwuchten in einem schlecht zusammengestellten Kader, eine von Medienschaffenden und anderen beobachteten schlechte Stimmung im Team sowie Trainer- und Wechselrochaden in der Defensive machten es Niklas Wiemann wiederum schwer, seine unbestritten großartigen Fähigkeiten in die Waagschale zu werfen. In vielen Spielen musste er als Außenverteidiger aushelfen, eine Position, auf der er sich nicht wohlfühlt und auf der er auch selten gut aussah. Doch Niklas Wiemann agierte schon in dieser Phase der Saison löwenpudelig: Ohne zu Murren stellte er sich in den Dienst der Mannschaft, kämpfte und ackerte auf der ihm zugeteilten, ungeliebten Position. Die Umstellung auf die Dreierkette machte Niklas Wieman zum Gewinner der letzten Wochen: Von ihm kann der junge Yigit Karademir lernen und an ihm wachsen, während Niklas mit Neuzugang Jannik Müller einen weiteren erfahrenen Defensivmann an seiner Seite weiß, der es ihm erlaubt, wieder Wiemann-Sachen zu machen: Kompromisslos im Zweikampf, ein gutes Stellungsspiel, Drive im Spielaufbau und eine Kopfballstärke, die am vergangenen Sonntag in der 61. Minute zum spielentscheidenden Treffer führte und den VfL wieder aufblühen ließ. Selbst der lange Pfosten konnte ihn da nicht stoppen und so mischten sich auch einige Schmerzen in den Torjubel unserer Nummer 25. Denn wer soll ihn stoppen? Eine Aluminiumstange sicher nicht und so war es schon zur Halbzeitpause klar, dass Niklas Wiemann eh eine Zwangspause einlegen würde, der fünften gelben Karte sei dank. Dies hinderte ihn aber nicht daran, bis zum Schluss alles hineinzuwerfen und sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen. 

Wir gratulieren daher Niklas Wiemann zum „Löwenpudel of the Match“ des 23. Spieltags!

Für das Foto bedanken wir uns herzlichst bei Osnapix.